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ch-air

Künstleredition Ch-air, nummeriert, ab 1989.
Die in Handarbeit gefertigten Sitzskulpturen bilden eine Viererserie – eine „Garnitur“, bestehend aus Schemel, Hocker, Tisch, Bank. Jedes dieser Sitzmöbel besteht aus harten Metallflächen, aus deren Binnenraum sich luftgefüllte Gummiflächen als Polster wölben. Fotos: Marcus Rebmann, Amberg

Metall- und Gummifläche osszilieren zwischen geometrischer Präzision und schwellender Prallheit. Metallische Härte trifft auf viskose Nachgiebigkeit. Druckausgleich, Luftaustausch. Geometrisches und Organisches treffen aufeinander, ergänzen sich, widersprechen sich und kommentieren sich gegenseitig. Da liegen gewissermaßen zwei Aggregatzustände im Clinch. So sind diese Tische, Bänke, Schemel und Hocker auch pragmatische Objekt-Kommentare über Zwang und Befreiung, Disziplin und barocke Üppigkeit. Die äußere Gestalt der jeweiligen Sitzskulptur verrät, welche Druckverhältnisse im Volumeninneren herrschen. Dieses Sitzmobiliar  wirkt durch seine harten calvinistischen Stahlbleche und Metallprofile kalt und aggressiv, aber durch die prallen Gummiformen auch lasziv und haptisch sinnlich. Diese Sitze haben aber auch eine kontemplative Anmutung im Sinne der Balance von Yin und Yang des Zen- Buddhismus. Es geht um polare entgegengesetzte und doch aufeinander bezogene Kräfte. So ist auch das Kunstwort Ch-air als Name der Kollektion weit mehr als bloß ein augenzwinkernder Einfall. Der Wortteil Air verweist auf die Haupteigenschaft dieser Möbel, eingepumpte Luft zu bergen. Aus einem syntaktischen Eingriff wird so eine selbstreferentielle semantische Bedeutung. Zudem weisen Kochs kubo-organoide Sitzskulpturen auf die Thematik der Abgrenzung bzw. dem Dialog mit dem umgebenden Raum hin. Sie definieren und bestimmen den Wahrnehmungshorizont, in den sie gestellt sind. Dem Betrachter steht nicht nur eine geformte Masse gegenüber, sondern ein vitales Volumen, welches in seiner Materialität die Grundelemente des Lebens wie Atmen, Raum und Zeit sichtbar und erlebbar macht. Prof. Dr. Volker Fischer, Frankfurt a.M.